Ein ständiges Sekretariat für den Oberrheinrat: Treffen rund um die Bilanz des Projekts

Öffentliche Dienste, Zusammenarbeit der Verwaltungen | 10. November 2022

Ein ständiges Sekretariat für den Oberrheinrat: Treffen rund um die Bilanz des Projekts

 

Der deutsch-französisch-schweizerische Oberrheinrat ist die Versammlung der politisch Gewählten der Trinationalen Metropolregion Oberrhein, und das bereits seit 1998. Er verbindet Abgeordnete der Parlamente und Gebietskörperschaften, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Landrätinnen und Landräte. Da der Vorsitz dieses Gremiums der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit jährlich zwischen den vier Delegationen Elsass, Baden-Württemberg, Nordwestschweiz und Rheinland-Pfalz wechselt, wurde auch die Verwaltung des trinationalen Parlaments im Wechsel von den vier Delegation übernommen.

Nach mehrjährigen Diskussionen haben die Mitglieder im Jahr 2017 den Wunsch nach einem ständigen Sekretariat für den Oberrheinrat mit dem Ziel einer stärkeren Koordinierung seiner Arbeitsfelder geäußert. Dessen Einrichtung und Strukturierung war das Ziel des Projekts „Einrichtung eines ständigen Sekretariats des Oberrheinrats„, das im Oktober 2019 mit der Unterstützung von Interreg Oberrhein startete. Die Projektträgerschaft wurde vom Landtag Baden-Württemberg übernommen. Drei Jahre später berichten Josha Frey MdL und Christian Kleinert von der Umsetzung dieses Vorhabens.

 

 

Herr Abgeordneter, wie ist die Idee zur Einrichtung eines ständigen Sekretariats für den Oberrheinrat entstanden?
Josha Frey, Vize-Präsident des Oberrheinrats und Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg [Bild: Dennis Williamson]
Christian Kleinert, Koordinator des ständigen Sekretariats des Oberrheinrats

Josha Frey MdL: Der Oberrheinrat hat sich bereits im Jahr 2013 für die Schaffung eines Sekretariats ausgesprochen und dies im Jahr 2017 in einer zweiten Resolution erneuert. Das Ziel war von Anfang an,vor allem die Kontinuität der Geschäftsführung des Gremiums bei jährlich wechselndem Präsidium sicherzustellen, mehr Sichtbarkeit für das trinationale Parlament der Oberrheinregion zu erreichen und den Austausch mit den anderen Institutionen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu intensivieren. Dabei war uns früh klar, dass eine Förderung durch das Interreg-Programm eine wertvolle Unterstützung darstellen könnte.

Was waren die größten Hindernisse in der Planung und Umsetzung dieses Projekts? Welchen Mehrwert bringt das ständige Sekretariat? Wurden die gesetzten Ziele in Hinblick auf Effizienz und Sichtbarkeit erreicht?

Josha Frey MdL: Zunächst mussten in einem gemeinsamen Prozess mit allen beteiligten Parlamenten die Möglichkeiten zur Finanzierung des Sekretariats ausgelotet werden. Um die räumliche Anbindung an die Institutionen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit am Oberrhein zu gewährleisten, bot es sich an, das Sekretariat im Kompetenzzentrum für europäische Fragen in Kehl anzusiedeln, wo unter anderem auch das Sekretariat der Oberrheinkonferenz untergebracht ist. Mit der Einrichtung des Sekretariats innerhalb des deutsch-französisch getragenen Euro-Instituts, konnten Synergien geschaffen und Mehraufwand durch den Aufbau einer separaten Struktur vermieden werden.

Christian Kleinert: Das ständige Sekretariat ist als zentrale Kommunikationsplattform mit einer klar definierten Ansprechperson für die Mitglieder, die beteiligten Verwaltungen und die Partnerinnen und Partner des Oberrheinrats nicht mehr wegzudenken. Die stärkere Koordinierung drückt sich zum Beispiel in einer intensiveren Vernetzung der Kommissionen aus, etwa mit Hilfe des Ende 2019 eingeführten digitalen Systems für Sitzungsunterlagen. Mit Blick auf die Sichtbarkeit lässt sich feststellen, dass insbesondere die Pressekontakte und Erwähnungen in den Medien seit der Einrichtung des Sekretariats deutlich zugenommen haben und damit auch die Sichtbarkeit in der Bevölkerung.

Christian, erzählen Sie uns von Ihren Aufgaben. Wie sieht Ihr Alltag aus?

Christian Kleinert: Mein Alltag im Sekretariat ist natürlich vollständig zweisprachig und durch die unterschiedlichen Abläufe und Arbeitsweisen der Institutionen am Oberrhein geprägt. Neben klassischen Aufgaben der Parlamentsverwaltung – Koordination von Terminen, Vor- und Nachbereitung von Sitzungen und Beschlüssen, Öffentlichkeits- und Medienarbeit – geht es im Kern stets darum, den Austausch zwischen den Akteuren zu erleichtern, Kompromisse zu erarbeiten und zur Vertiefung der Zusammenarbeit am Oberrhein beizutragen.

Plenarversammlung des Oberrheinrates in Strasbourg im Dezember 2019 [Bild: Christian Kleinert, Conseil rhénan | Oberrheinrat]
Und nun, da das Projekt beendet ist, wie sieht die Zukunft für die Funktion des ständigen Sekretärs aus?

Josha Frey MdL: Wir haben bereits seit Herbst 2020 gemeinsam mit den finanzierenden Projektpartnern – der Region Grand Est, der Collectivité européenne d’Alsace, den Landtagen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie den Parlamenten der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Jura und Solothurn – daran gearbeitet, die weitere Finanzierung nach dem Ende des Interregprojekts ab Oktober 2022 sicherzustellen. Aufgrund der durchweg positiven Erfahrungen der letzten drei Jahre fiel die Entscheidung auf allen Seiten positiv aus, sodass wir zunächst bis Ende 2025 Planungssicherheit schaffen konnten.

Christian Kleinert: Ich freue mich sehr auf die weitere Zusammenarbeit mit den Gewählten und den Kolleginnen und den Kollegen aus der Verwaltung. Es wird in den nächsten drei Jahren darum gehen, auf den erreichten Fortschritten aufzubauen und die Vernetzung des Gremiums mit Akteuren innerhalb und außerhalb der Oberrheinregion weiter zu intensivieren. Auch im Bereich der Digitalisierung unserer Arbeitsweise werden wir nach den Erfahrungen aus der Pandemiephase versuchen noch weiter voranzuschreiten.

Was hat die Unterstützung der Europäischen Union durch das Interreg-Programm beigetragen?

Christian Kleinert: Das Interreg-Programm bietet neben der finanziellen Unterstützung einen wertvollen Rahmen zur Ausarbeitung und Operationalisierung einer Projektidee. Der Antragsprozess bringt alle Beteiligten an einen Tisch und ermöglicht es, sich auf gemeinsame Ziele zu einigen. Auch deshalb konnte das Interregprojekt OR-CR so erfolgreich durchgeführt werden.

Josha Frey MdL: Die finanzielle Unterstützung durch das Interreg-Programm mit einer Kofinanzierungsrate von 60 % für die deutschen und französischen Projektpartner war gewissermaßen die „Initialzündung“ für das ständige Sekretariat. Ohne diese Anschubfinanzierung, dank der der Mehrwert seiner Einrichtung ganz konkret aufgezeigt werden konnte, hätte das Projekt sicherlich nur deutlich schwerer umgesetzt werden können. Da am Oberrhein eine Vielzahl mittlerweile etablierter grenzüberschreitender Einrichtungen durch das Interreg-Programm ins Leben gerufen wurden, waren wir von Beginn an zuversichtlich, dass auch dieses wichtige Projekt nach Projektende erfolgreich in einen Regelbetrieb überführt werden kann.